Montag, 22. Juni 2015

Es fährt ein Zug nach nirgendwo

Es fährt ein Zug nach nirgendwo

mit mir allein als Passagier …

Das ist ein Schlager von Christian Anders:

Der aktuelle Zug nach nirgendwo ist die Initiative

Anfangs sah sie aus wie ein echter Shinkansen  (Japans Hochgeschwindigkeitszug). Man wird verführt, mitzufahren. Wer kann es ablehnen?  http://de.wikipedia.org/wiki/Shinkansen

Schon bereits nach einer Station habe ich gemerkt, dass der Zug gar kein Shinkansen war. Dieser Zug fährt nach nirgendwo, auf Grund der zahlreichen Fehler, die ich jetzt erläutern möchte:

Ein Klick auf den Link führt zu einer Internetseite (Website) ohne Impressum und Disclaimer (Haftungsausschluss). Es ist sehr merkwürdig. Das Fehlen des Impressums ist ein Verstoß gegen §6 des deutschen Teledienstgesetzes und ist daher abmahnfähig. Der fehlende Disclaimer kann bei einem Rechtsstreit für die Initiatoren böse enden! Wie kann man so blauäugig in die Falle laufen? Wissen sie wirklich nicht, dass mit der Präsentation im Internet man einen Spaziergang im Minenfeld macht?

Neben diesem elementaren Fehler weist die Initiative noch weitere technische und politische Fehler auf, die bei der näheren Betrachtung nur Kopfschütteln auslösen kann. Ehrlich gesagt weiß ich nach der sorgfältigen Überprüfung der Initiative nicht, was die Initiatoren wirklich wollen. Wer die Terroropfer als Mittel der politischen Agitation benutzt, handelt pietätlos.

Technische Fehler:

-         Die Umbenennung einer Straße ist in Deutschland eine extreme Ausnahme. Nur wenn der Pate der Straße eine Nazigröße oder ein Krimineller war, wurde die Namensänderung stattgegeben. Eine weitere Ausnahme war die Umbenennung der Ho Chi Minh-Straße in Ostberlin in  „Weißenseer Weg“  (Bezirk Pankow, Ortsteil Weißensee).

    Der Berliner Senat wollte diesen Spitzbart nicht ehren, die SED war nicht mehr an der macht.
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     - Keine Straße in Deutschland hat zwei Namen, also niemals eine Albert-Einstein-Max-Planck-Straße oder Hamburger-Frankfurter-Straße.
-     Die beiden vietnamesischen Namen sind für die meisten Deutschen unaussprechbar. Wie soll ein Tourist den Namen Nguyen-Ngoc-Chau-Do-Anh-Lan-Straße zu einem Taxifahrer sagen? Selbst Ho-Chi-Minh-Straße war für viele Ostberliner ein Tohuwabohu (s. den oben genannten Link, mittlerer Abschnitt)
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-  Keine Gemeinde in Deutschland würde sich jemals trauen, den Namen eines bedeutenden Bürgers ihrer Gemeinde zu tilgen. Es ist ausgeschlossen. Johann Georg Halske war ein „Sohn der Stadt Hamburg“ und bedeutender Unternehmer, Mitbegründer der Firma Siemens. 

   
   Auch wenn ich anecke: wir leben in einem Rechtsstaat und nicht in einer Anarchie. Bürgerwillen können nur durch Petitionen (nicht Initiative) an die Regierung oder Behörden gebracht werden. Eigenwillige Aktion wie das Anbringen einer Gedenktafel auf dem Rasen Hotels Amedia ist ein Rechtsbruch. Statt zu meckern, dass die Hotelleitung am nächsten Tag die Tafel entfernen ließ, soll man sich bei der Hotelleitung dafür bedanken, dass man auf eine Strafanzeige verzichtete.

    Angesichts der genannten Fehler sehe ich für die Initiative nicht die geringste Chance auf Erfolg. Viel mehr glaube ich, dass die Initiatoren den Erfolg gar nicht im Visier sondern nur einen Knall in den Medien haben. Es knallt aber nur, wenn man auf eine Mine tritt. Mit der Präsentation im Internet begibt man sich in ein Minenfeld.
     
     Der Ton in der Petition erhärtet meine Kritik.
    Sinnvoller und chancenreicher wäre eine Petition (keine Initiative) für eine Gedenktafel am Tatort oder in der Nähe.
   
   Die Petition muss einen Adressat haben (Hamburger Senat? Bezirksausschuss Hamburg-Stadtmitte?). Auf der Tafel oder dem Gedenkstein muss eindeutig zu lesen sein, dass die beiden Opfer vor den Kommunisten in Vietnam geflohen waren und von deutschen Neonazis ermordet wurden. Eine kurze Biografie der beiden soll ihren Leidensweg beschreiben. Einen Dank an Deutschland muss enthalten sein. 

Der Ton der Petition muss höflich sein. Höflichkeit ist bei uns Vietnamesen ein Gebot, das im heutigen Vietnam keine Bedeutung mehr hat. Schließlich kann man Menschen nicht provozieren oder anklagen, von denen man Unterstützung erwartet. Wir sind nicht von der griechischen Regierung.

Ich engagiere mich für die Kriegsflüchtlinge aus Syrien und Jesiden, Opfer des Terrornetzwerks „Islamischer Staat“. Seit Februar dieses Jahres wohnt in unserem Haus ein Kriegsflüchtling aus Syrien. Sonst begleite ich weitere Flüchtlinge zum Arzt, zum Jobcenter, Ausländeramt, zu AOK oder bei der Wohnungssuche, so wie ich 1978-1984 die  >>Boat People<< aus Vietnam betreut habe. Dennoch werde ich mich weigern, in die Karre der linken Propagandisten  eingespannt zu werden. Ich bin ein christlicher Humanist und kein linker Agitator. Ich will helfen und nicht provozieren, obwohl ich manchmal das tun muss. 

Übrigens: bei der Flüchtlingskonferenz in Berlin im März 2015 habe ich in die Runde (ca. 40 Teilnehmer) gefragt, wer einen Flüchtling in seinem Haus beherbergt? Die Antwort: niemand. Sie hatten davor ihre große Klappe aufgerissen „wir müssen Flüchtlinge in privaten Wohnungen unterbringen.“ Große Worte statt kleiner Taten. Bei dieser Konferenz waren acht Vietnamesen „von der anderen Seite“ anwesend, allerdings nur am 1.Tag. Unsere >>Freundin<< von VIFI aus Bochum kam erst am Abend des ersten Tages. Am zweiten Tag war die Hälfte der Genossen & Co. verschwunden, spurlos.

Diese Zusammenfassung wird in meinem Blog demnächst, nach einem oder zwei Korrekturläufen veröffentlicht. Jeder, der will kann seinen Kommentar dazu schreiben, nach dem Grundsatz der Meinungsfreiheit. Ich werde nicht darauf eingehen. Ich führe keine Phantomdebatte.


Für mich fährt kein Zug nach nirgendwo, nicht einmal ein Shinkansen, geschweige denn ein Zug der DDR-Reichsbahn.

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